09 | 2021Hannah Walker

Digitale Beteiligung - Ja, klar! Aber wie?

<h1>Digitale Beteiligung - Ja, klar! Aber wie?</h1>

Besonders in von sozialer Isolation geprägten Krisenzeiten muss die Demokratie am Leben gehalten werden und sozialer sowie politischer Austausch weiterhin vielfältig und zugänglich gestaltet sein. Doch digitale Beteiligungsplattformen bieten nicht erst seit der Corona-Pandemie eine Möglichkeit, politische Partizipation in den digitalen Raum zu verlagern. Vielmehr deckt digitale Beteiligung einen nicht mehr wegzudenkenden Bereich demokratischer Entscheidungsfindung ab, um möglichst viele Bürgerinnen und Bürger aktiv mit einzubeziehen. Die Anwendung von Online-Plattformen sollte für eine erfolgreiche digitale Teilhabe sinnvoll konzipiert, dem Beteiligungsziel entsprechend individuell angepasst und bei der Durchführung von Anfang bis Ende begleitet werden.  

Vorbedingungen und hilfreiche Tipps für erfolgreiche digitale Beteiligung 

Die Vor- und Nachteile digitaler Beteiligungsangebote sind hinreichend bekannt. Sogleich politischer Partizipation online das Potenzial zugesprochen werden kann, die Diversität der Beteiligten zu erhöhen und Barrieren unterschiedlicher Art zu verringern, kann genauso das Gegenteil der Fall sein: Ein grundlegend erfordertes Mindestmaß an Medienkompetenz stellt zugleich Voraussetzung für eine erfolgreiche Nutzung einer Online-Plattform und wohl größte Herausforderung für eine möglichst inklusive digitale Bürgerbeteiligung dar. Für und Wider digitaler Formate liegen folglich oft eng beieinander. Um ein umfassendes Angebot für Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten und eine breite Teilhabe an klassischen sowie digitalen demokratischen Prozessen zu ermöglichen, gilt es entsprechend, so viele Fallstricke wie möglich aus dem Weg zu räumen. Hilfreich ist, neben einer einfachen und leicht zugänglichen Gestaltung der digitalen Anwendungen, beispielsweise auch das Aufstellen von Plattform-Regeln sowie eine prozessbegleitende Moderation, um ein Abgleiten des Diskurses oder das Auftreten von negativen Online-Phänomenen wie z. B. Hatespeech im besten Fall gänzlich zu verhindern.   

Rahmen und Ziele digitaler Beteiligung festlegen 

Um Demokratie nahbar zu gestalten und dabei das größtmögliche Potenzial inklusiver und erfolgreicher Bürgerbeteiligung zu erreichen, sind im Vorfeld jedes Beteiligungsprozesses folgende Fragen zu klären: 

  • Welche Ziele sollen erreicht werden? 
  • Welcher Gestaltungsspielraum kann den Bürgerinnen und Bürgern eingeräumt werden? 
  • Welche finanziellen, zeitlichen und personellen Ressourcen stehen für das Vorhaben zur Verfügung? 
  • Welche Zielgruppen sollen erreicht werden? Ist sie sehr breit und heterogen oder eher eng und homogen?   

Erst nach der Klärung von Rahmen und Zielen kann anschließend das richtige Medium gewählt und sinnvoll eingesetzt werden. Eine Kombination aus altbewährten Methoden klassischer Bürgerbeteiligung und moderner, digitaler Technik bietet dabei oftmals eine erfolgversprechende Lösung. So kann mit digitalen Angeboten eine Verknüpfung zu Offline-Veranstaltungen hergestellt werden, eine ortsunabhängige Teilhabe angeboten und Laufzeiten über einen längeren Zeitraum ermöglicht werden. Gleichzeitig bietet der Einsatz von digitalen Beteiligungsplattformen arbeitserleichternde Lösungen zur Dokumentation, Analyse und letztlichen Auswertung der Ergebnisse. Doch welche Plattformen eignen sich überhaupt für digitale Bürgerbeteiligungsprozesse und welchen Ressourcen sind für einen gelungenen Einsatz notwendig?  

Open Source Angebote digitaler Beteiligungsplattformen 

Neben zahlreichen spezialisierten Tool-Anbietern, die mit teils kostspieligen Angeboten für ihre Beteiligungsplattform-Softwares breit aufgestellt sind, dienen Open Source Angebote als eine preiswerte Alternative. Außer dem seit 2015 bekannten und bereits von über 140 Städten weltweit erfolgreich eingesetzten Open Source Beteiligungs-Tool CONSUL aus Madrid, bietet auch der deutsche Markt dank Liquid Democracy e.V. in Berlin seit 2019 die self-hosted Beteiligungsplattform Adhocracy+ an. Ähnlich wie CONSUL baut auch Adhocracy+ auf einzelne Module, die sich für unterschiedliche Beteiligungsprozesse eignen: Brainstormings, Ideenwettbewerbe, Diskussionen, Umfragen, Bürgerhaushalte, Priorisierungen oder interaktive Veranstaltungen. Adhocracy+ ist für NGOs, Kommunen, Bürgerräte und allgemeinhin politische Arbeit kostenfrei nutzbar und finanziert sich primär aus Spenden – lediglich zusätzliche Leistungen wie z. B. individuelle Trainings werden von dem gemeinnützigen Berliner Verein gegen eine Gebühr angeboten. Die Kosten für Angebote digitaler Bürgerbeteiligung müssen somit nicht zwangsläufig hoch sein. Dennoch benötigt das gesamte Verfahren neben gewissen finanziellen auch ausreichend personelle sowie zeitliche Ressourcen, da angesichts der individuellen Anpassungen und Moderation der Plattform ein nicht zu unterschätzender Zeitaufwand zu bewerkstelligen sein wird.   

Erfolgreiche digitale Beteiligung braucht Entscheidungsspielraum 

Für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung ist unserer Meinung nach jedoch eines ganz klar: Ob offline oder online, Beteiligung kann nur dann funktionieren, wenn die Entscheidungsträger dazu bereit sind, Ergebnisse des Beteiligungsprozesses und Anregungen der Bürgerinnen und Bürger aufzunehmen und mit ihnen zu arbeiten.