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04 | 2018Babette Müller

Digitale demokratische Beteiligungsverfahren: Was zu beachten ist

<h1>Digitale demokratische Beteiligungsverfahren: Was zu beachten ist</h1>

Zwei von zehn Bürger*innen in Deutschland können diesen Beitrag nicht lesen. Das liegt nicht an Bezahlschranken oder mangelndem Interesse, sie sind schlicht nicht online. Laut dem Digital-Index 2017/2018  beschäftigen sich mehr als 16 Millionen Deutsche gar nicht oder kaum mit dem Internet. Ihr Name: Nonliner. Einer ihrer Gründe für die digitale Abstinenz: Das Internet ist ihnen schlicht zu kompliziert. 

Demokratie im Netz: Erwartung vs. Realität 

Wenn nicht alle Bürger*innen diesen Blogbeitrag lesen, hat das kaum Auswirkungen auf Gesellschaft und Demokratie. Anders verhält sich das bei demokratischen Beteiligungsverfahren – das Internet ist dabei, das Vereinshaus um die Ecke abzulösen. Das hat Vorteile: Motiviert, miteinander in Austausch zu treten, treffen sich Menschen im Netz und diskutieren gemeinsam politische Entscheidungen. So können sie die Demokratie digital mitgestalten, völlig unabhängig von Geschlecht, Bildung und Alter. Aber was bedeutet es, wenn circa 20 Prozent der Deutschen kaum Berührungspunkte mit dem Internet haben und von dieser Art der Partizipation nicht erreicht werden?   

Es reichen schon kleine technische Hürden, um weniger internetaffine Bürger*innen zu verschrecken. Beispielsweise das Double-Opt-In-Verfahren, das oft zum Registrieren auf Bürgerbeteiligungsplattformen genutzt wird. Dabei wird die eigene E-Mail-Adresse angegeben und eine Bestätigungs-E-Mail an diese Adresse gesendet. Klickt man auf den dort beigefügten Link, hat man sich erfolgreich registriert. So weit, so unspektakulär – zumindest für Menschen wie mich, die gefühlt mit einer eigenen E-Mail-Adresse auf die Welt gekommen sind und diesen Vorgang ungefähr dreimal in der Woche durchlaufen. 

Doch was passiert mit denjenigen, die sich gerade mit der digitalen Revolution in Form ihres ersten Smartphones anfreunden und von Double-In-Out-Irgendwas-Links noch nie etwas gehört, geschweige denn jemals damit zu tun gehabt haben? Meistens steigen die Betroffenen schnell aus, weil sie an der technischen Hürde der Anmeldung scheitern. Manche versuchen es erst gar nicht; Ein Fünftel der Nonliner bekommen von der Möglichkeit der Partizipation im Netz einfach nichts mit. 

Die Vision, das Internet sei eine barrierefreie Arena zur politischen Partizipation, bewahrheitet sich nicht. Doch wie mit dem Anspruch umgehen alle einzubinden, die zumindest auch eingebunden werden wollen? 

Partizipation im Internet: Neuland entdecken 

  • Besser erklären: In der Internetwelt kursieren Begrifflichkeiten, bei denen auch so mancher Digital Native ins Wanken gerät. Cloud, Cookie, Big Data – alles klar? Die digitale Welt wurde vielen nie erklärt und ist für viele im wahrsten Sinne Neuland. Um alle Beteiligten in die digitale Sphäre zu integrieren und Partizipation im Internet attraktiver zu gestalten, müssen Hürden beim allgemeinen Verständnis abgebaut werden.
  • Anleiten: Bürgerbeteiligung lebt von der Motivation derjenigen, die sich beteiligen wollen. Diese Motivation darf nicht durch komplizierte Anmeldeverfahren oder technische Hindernisse verloren gehen. Diese lassen sich durch anschauliche Schritt-für-Schritt-Anleitungen oder Erklärvideos beiseite räumen. 
  • Analog und digital verbinden: Durch Erklären und Anleiten erreicht man Nonliner, die dem Internet prinzipiell offen gegenüberstehen. Aber wie erreicht man die Netz-Verweigerer? Deren Stimmen sind im demokratischen Diskurs ebenso bedeutsam – auch ohne Internetzugang. Um sie nicht zu verlieren, dürfen Partizipationsprozesse nicht nur in der digitalen Welt stattfinden, sondern benötigen ergänzend eine Manifestation vor Ort. 

Zugegeben, als Digital Native ist es schwer vorstellbar, auch nur einen Tag ohne die Vorteile des Internets zu leben. Aber es gibt sie eben doch, die Nonliner, vor allem in den älteren Generationen. Diejenigen, die vom bunten Treiben im Netz nichts mitbekommen und das vielleicht auch gar nicht wollen. Unsere Aufgabe als Kommunikatoren ist es, auch diese Gruppe in den Partizipationsprozess einzubinden – ob online oder offline ist für die Demokratie dabei zweitrangig.