08 | 2021Ingo Seeligmüller

Relevanz & Resonanz schaffen Akzeptanz für Veränderungen

<h1>Relevanz & Resonanz schaffen Akzeptanz für Veränderungen </h1>

Sind wir nicht widersprüchliche Wesen? Ausgestattet mit reichlich Fantasie und Erfindungsgeist suchen wir beständig nach neuen Möglichkeiten, Lösungen und Herausforderungen. Die Menschheit ist ein unermüdlicher Motor des technologischen und gesellschaftlichen Wandels. Andererseits aber sind uns Veränderungen erst einmal grundsätzlich lästig und suspekt. Sie verlangen zusätzliche Anstrengungen, kosten Umgewöhnungszeit und bringen neue Ungewissheiten. Zwischen den Polen Beharrlichkeit und Fortschrittsdrang spielen sich permanent Veränderungsprozesse ab. Dabei entstehen typischerweise Konflikte zwischen denen, die sie initiieren, und jenen, die fürchten, Nachteile davon zu tragen. 

Diese Ambivalenz, die besonders ausgeprägt ist in freiheitlichen Gesellschaften, spiegelt sich in Joseph Schumpeters berühmtem Begriff der „schöpferischen Zerstörung“ wider: Im kapitalistischen Wettbewerb verdrängen neue Lösungen fortlaufend das Überkommene. Innovations- und Anpassungsfähigkeit werden zur bestimmenden Größe unternehmerischen Erfolgs und gesamtgesellschaftlichen Wohlstands. Entlang des wirtschaftlichen Entwicklungspfads entstehen zudem stets neue Anforderungen an die Infrastruktur. Wir erleben das in diesen Zeiten besonders intensiv in der Energie- und Verkehrswirtschaft. 

Echte Akzeptanz für Veränderungen entsteht nur gemeinsam – durch Relevanz & Resonanz 

Im Kampf gegen die Klimaerwärmung zeigt sich der Zwiespalt menschlicher Natur in Reinform: Eine große Mehrheit plädiert für die angestrebten Ziele, doch die individuelle Bereitschaft zur notwendigen Verhaltensänderung bleibt allgemein sehr gering. Wir brauchen neue und weitergehende Ansätze, mit denen man Veränderungsprozesse im breiten Konsens vollziehen kann. Ansonsten droht der Entwicklungsmotor ins Stocken zu geraten. Wir bei NeulandQuartier glauben, dass eine echte Akzeptanz für Veränderungen nur gemeinsam geschaffen werden kann. Das erfordert sowohl eine sichtbare Relevanz der Veränderungsthemen als auch eine angemessene Resonanz bei den Betroffenen. Wer echte Akzeptanz erzielen möchte, muss nach unserer Überzeugung bei diesen beiden Kriterien ansetzen. 

Intern wie extern – nur glaubwürdige & wirkungsvolle Beteiligungsverfahren führen zu belastbarer Resonanz

Widerstand gegen Wandel entsteht fast immer dann, wenn Veränderungspläne ohne die Beteiligung der Betroffenen geschmiedet werden. Und wer sich erst einmal zu den übergangenen Verlierern eines Veränderungsprozesses zählt, den wird man kaum mehr für diesen begeistern können. Widerstand oder Resignation sind die Folgen. Beide Reaktionen bremsen einen nachhaltigen Wandel aus, mag er für das betroffene Kollektiv als Ganzes und auf Dauer gesehen (aus Sicht der Planer) auch noch so vorteilhaft sein. Dieses Phänomen offenbart sich gerade bei Projekten im öffentlichen Raum, wo meist viele Interessenträger Anspruch auf Mitsprache erheben. Das gilt typischerweise für Projekte von Energie-, Entsorgungs- und Verkehrsinfrastrukturen: Autobahnen, Stromtrassen, Bahnstrecken, Mülldeponien, Endlager, etc. Ebenso für die Errichtung oder Neugestaltung von Stadtquartieren und anderen Hochbauprojekten. Das gängige und gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsformat bei Bauprojekten stößt seit vielen Jahren auf geringe und häufig wenig repräsentative Resonanz, die einhergeht mit einer allgemein abnehmenden Akzeptanz vieler Projekte. Es liegt die Vermutung nahe, dass die notwendige Resonanz nur mit größerer Planungsoffenheit erreicht werden kann. Denn wer nichts beeinflussen kann, sieht verständlicherweise keinen Sinn darin sich zu beteiligen. Um die Akzeptanzproblematik anzugehen, bedarf es also erst einmal einer Veränderungsakzeptanz bezüglich der Beteiligungskultur. Es ist Zeit, auf glaubwürdigere und wirkungsvollere Verfahren zu setzen. 

Auch bei internen Umstrukturierungen oder Fusionen von Unternehmen und anderen hierarchischen Organisationen entdeckt man heute mehr und mehr die Grenzen einer einseitigen Top-down-Kommunikation, die auf die Resonanz der Betroffenen großzügig verzichtet. Überall dort, wo man mehr oder minder auf die Duldung oder sogar überzeugte Zustimmung einer hochmotivierten und flexiblen Belegschaft setzt, sollte man bereits bei der Planung von Veränderungsprozessen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbeziehen, Einwände ernstnehmen und rivalisierende Interessen nach Möglichkeit ausbalancieren. Dieser Imperativ zur gemeinsamen Konstruktion gut abgewogener und zustimmungsfähiger Lösungen folgt unseren freiheitlich-demokratischen Grundwerten und sollte zukünftig konsequenterweise auch bei kollektiven Veränderungsprozessen eine stärkere Berücksichtigung finden. 

Dreiklang aus Relevanz, Resonanz & Akzeptanz macht Veränderungsprozesse erfolgreich 

War es vor mehr als einem halben Jahrhundert Willi Brandts Satz „wir wollen mehr Demokratie wagen“, mit dem er den Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf mehr Mitgestaltung des gesellschaftlichen Wandels formulierte, so wird dies heute unter dem Stichwort „Partizipation“ von fast allen Parteien wieder stärker in den Fokus genommen. Die Politik reagiert damit – zwar bislang größtenteils nur rhetorisch - auf die gewachsene Sensibilität und ein gestärktes demokratisches Selbstbewusstsein der Wählerinnen und Wähler.

Und auch die Wirtschaft beginnt die Relevanz einer intensiveren Partizipation zu erkennen. Waren es früher die Einhaltung von Mitbestimmungsgesetzen und die Respektierung gewerkschaftlicher Rechte, mit denen man Forderungen nach Partizipation hinreichend abgegolten sah, so haben einige moderne Unternehmen mittlerweile die Erkenntnis gewonnen, dass sowohl die Akzeptanz von Veränderungen als auch die damit einhergehende Motivation und Innovationkraft in hohem Maße mit dem Grad der Partizipation korrelieren.

Aus unserer langjährigen Agenturerfahrung wissen wir, dass nahezu jedes größere Veränderungsprojekt im öffentlichen Raum einer Nation, Gemeinde oder Organisation grundsätzlich Gefahr läuft, im Streit um Interessen und Prioritäten zerrieben zu werden. Wir sind vor dem Hintergrund dieser Erfahrung heute mehr denn je der Überzeugung, dass man kollektive Veränderungsprozesse weder erzwingen, noch die Betroffenen mit geschickten Präsentationen nachhaltig täuschen kann. Das Gelingen eines Veränderungsprozesses ist letztendlich auf eine echte Akzeptanz der Betroffenen angewiesen, die man daher von Beginn an mit einbeziehen sollte. Der Dreiklang Relevanz, Resonanz und Akzeptanz schafft die Harmonie, die wirkliche Veränderungsprozesse tragen.