04 | 2022Maria Röhreich

Praxistipp: Drei Methoden für aktive Workshops

<h1>Praxistipp: Drei Methoden für aktive Workshops</h1>

Workshops sind eine vorteilhafte Möglichkeit, um viele Personen an einem Prozess aktiv zu beteiligen und dynamisch neue Ideen, Ziele oder Lösungen zu entwickeln – Doch welche Methoden gibt es, einen Workshop zu gestalten? Je nach Ziel und Gruppengröße kann man sich der verschiedensten Methoden bedienen. Wir stellen im Folgenden drei Möglichkeiten vor, wie sich Leitbilder, Strategien oder Problemlösungen auf kreative Weise in Teamarbeit entwickeln lassen.

1. Dragon Dreaming

Wer nach Dragon Dreaming googelt, wird eine ganze Philosophie finden, deren Kern ein intensiver und fast schon spiritueller Prozess ist. Die Methode wurde von Problemlösestrategien der Aborigines inspiriert und drückt eine besondere Haltung gegenüber Team-Projekten aus – im Endeffekt kann Dragon Dreaming aber auch schlichtweg eine partizipative Workshopmethode für kreative Findungsprozesse sein.
Grob zusammengefasst besteht der Prozess aus vier Phasen: Träumen, Planen, Handeln und Feiern. Jede Phase ist dabei gleich wichtig und baut auf der vorherigen auf, sodass der Ablauf als Kreislauf betrachtet werden kann.

Grafik Dragon Dreaming Prozess

Träumen

In der ersten Phase geht es darum, Ideen aus den Teilnehmenden herauszuholen. Wünsche, Ziele und Vorstellungen werden gesammelt, sodass keine Inspiration ungehört bleibt. Dafür können sich die Workshop-Teilnehmenden zum Beispiel in Zweiergruppen aufteilen und einander Fragen stellen: Warum bist du bei dem Projekt dabei? Was ist dir in Hinblick auf unser Ziel besonders wichtig? Die Fragerunde in Partnerarbeit hat den Vorteil, dass jeder und jede zu Wort kommt und niemand in großer Runde untergeht. In einem zweiten Schritt können die Antworten auf Post-Its gesammelt und an eine Tafel gebracht werden. Je nach Thema und Größe des Workshops können die „Träume“ auch durch andere Fragen in Erfahrung gebracht werden oder direkt in der gesamten Runde besprochen werden. Wichtig ist nur, dass jede Äußerung gehört und berücksichtigt wird. 

Planen

Das Ergebnis der ersten Phase ist im Idealfall eine bunte Sammlung an Stichworten und Ideen – diese müssen nun sortiert werden. Welche Ideen lassen sich zusammenfassen? Wie könnten daraus Kategorien gebildet werden? Die Beteiligten clustern ihre gesammelten Ideen und vergeben selbstständig Namen für die Kategorien. Aus diesen Clustern werden die Ziele gebildet, die von nun an verfolgt werden sollen.

Handeln

In der dritten Phase wird es konkret. Aus den Zielen, die in der Planungsphase definiert wurden, können nun spezifische Aufgaben abgeleitet werden. Die Teilnehmer legen fest, wer für was verantwortlich ist und welche Punkte gegebenenfalls in späteren Meetings weiter ausdifferenziert werden müssen. Auch hierbei ist es wichtig, die besprochenen Inhalte schriftlich und gut sichtbar festzuhalten, damit zum einen kein Beschluss verloren geht, zum andern die Gedankengänge weiterhin visualisiert werden.

Feiern

Der letzte Schritt im Dragon-Dreaming-Prozess zielt auf die gemeinsame Wertschätzung der Zusammenarbeit ab. Trotzdem ist der Ausdruck „Feiern“ nicht mit einer Art After-Workshop-Party zu verwechseln – stattdessen wird in dieser Phase der Arbeitsprozess bewusst reflektiert. Was haben die Teilnehmenden gelernt? Welche Erfahrungen haben sie gesammelt und wie könnten diese zukünftig genutzt werden?

2. Die 6 Hüte

Die Methode der 6 Hüte, oder auch „six thinking hats“, eignet sich besonders dann, wenn ein Problem aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden soll. Jeder Teilnehmende bekommt eine Rolle – einen symbolischen Hut – aus deren Perspektive er oder sie dann argumentiert. 

  • Weiß – analytisches Denken: Der weiße Hut sammelt objektiv Informationen. Er steht für Zahlen, Daten und Fakten und stellt Informationen auf der sachlichen Ebene dar. 
  • Rot – Emotionen: Der Träger des roten Huts argumentiert subjektiv und emotional. Hier werden die Ängste und Hoffnungen gesammelt, die mit dem besprochenen Thema einhergehen. 
  • Schwarz – kritisches Denken: Der schwarze Hut ist der Pessimist. Wer ihn trägt, äußert die Probleme oder Risiken, die der Inhalt des Gesprächs mit sich bringt. Im Gegensatz zum roten Hut bliebt dieser allerdings auf der sachlichen Ebene.
  • Gelb – optimistisches Denken: Der Gegenspieler des schwarzen Hutes ist der gelbe. Hiermit wird durch begründete Annahmen das bestmögliche Szenario modelliert.
  • Grün – Kreativität: Der grüne Hut steht für neue Wege und ungewöhnliche Ideen. Wer ihn trägt, darf gern provozieren und um die Ecke denken.
  • Blau – Moderation: Der Träger des blauen Hutes hat die Moderationsrolle inne. Er vermittelt zwischen den anderen Hüten, fasst die Ergebnisse zusammen und behält den Überblick. 

Je nach Gruppengröße können die jeweiligen Hutrollen auch mehrfach vergeben werden, sodass ein „Hut“ aus einer kleinen Gruppe besteht, die gemeinsam argumentiert. Einzig der blaue Hut kann nur von einer Person getragen werden – im besten Fall von der Person, die ohnehin den Workshop moderiert.

Die Methode der sechs Hüte eignet sich besonders gut, um die Teilnehmenden neue Perspektiven einnehmen zu lassen und nicht nur aus ihrer persönlichen Sichtweise zu argumentieren. Bereits vorgeschlagene Lösungen und Ideen können umfangreich bewertet und Entwürfe konkretisiert werden. 

3. World Café 

Das World Café lebt von seiner gemütlichen und ungezwungenen Atmosphäre. In der Vorbereitung werden mehrere Tische aufgestellt, die mit Kaffee, Tee oder Snacks bestückt werden – und mit einer großen, beschreibbaren Unterlage. Die Teilnehmenden setzen sich in kleinen Gruppen an die Tische und diskutieren über die zentrale Frage des Workshops. Ihre Erkenntnisse und Ideen halten sie dabei auf der Unterlage fest. Der Zweck dahinter ist, dass die gemütliche Atmosphäre genau wie ein einem Café die Beteiligten dazu bringt, ihre Gedanken frei zu äußern. So kommen die unterschiedlichsten Blickwinkel und Ideen im wahrsten Sinne des Wortes an einen Tisch. Nach einer festgelegten Zeit wechseln die Teilnehmenden die Tische, sodass die Gesprächsrunde neu gemischt werden. Nur eine Person verbleibt am Tisch und erklärt den Neuankömmlingen, in welche Richtung sich die Diskussion an diesem Tisch zuvor bewegt hatte. Auf diese Weise werden die gesammelten Gedanken Schritt für Schritt mit neuen Impulsen erweitert, bis auf den Tischdecken immer konkrete Entwürfe entstehen.

In einem zweiten Schritt werden die Tischrunden aufgelöst und die einzelnen Ergebnisse in großer Runde präsentiert und diskutiert. Mit dieser Methode kann eine zentrale Frage aus verschiedenen Blickwinkeln diskutiert werden und bekommt gleichzeitig in jeder Gesprächsstufe neuen Input.

Fazit 

Welche dieser Methoden für ein Vorhaben die richtige ist, hängt von mehreren Faktoren ab: von der Gruppengröße, der Dynamik im Team, aber vor allem vom Inhalt des Workshops. Strategien oder Leitbilder können gut durch Dragon Dreaming erarbeitet werden, da hierbei Ideen strukturiert weiterentwickelt werden, bis konkrete Ziele entstehen. Gilt es eine gewagte Idee auf ihre Machbarkeit zu prüfen, ist man mit den sechs Hüten gut beraten. Das World Café hingehen ist für schwierige Fragestellungen geeignet, die konstruktiven Input und regen Austausch erfordern. 

Eines haben jedoch alle drei Workshop-Methoden gemeinsam: Statt nur den oder die Lauteste der Gruppe zu Wort kommen und die Vorsichtigen sich in der letzten Reihe verstecken zu lassen, werden alle Teilnehmenden einbezogen und dazu eingeladen, ihre Ideen einzubringen – eine Grundvoraussetzung für partizipative Prozesse.