Wasser - Welche Infrastruktur brauchen wir zukünftig?
Trockenheit, Dürren, Starkregen und Hochwasser – die Folgen des Klimawandels könnten (zumindest gefühlt) widersprüchlicher nicht sein. Das haben die vergangenen Jahre gezeigt: Wochenlange Trockenperioden mit Hitzerekorden führten bspw. in Brandenburg und Sachsen-Anhalt zu erheblichen Ernteeinbußen. Gleichzeitig verwüsteten Starkregenereignisse wie im Ahrtal 2021 ganze Landstriche und forderten zahlreiche Menschenleben.
Diese Extreme verdeutlichen, dass wir hinsichtlich der Wasserinfrastruktur in Deutschland vor einem doppelten Anpassungsdruck stehen: Wir müssen uns sowohl gegen zu wenig als auch gegen zu viel Wasser wappnen.
Folglich ergeben sich für die kommenden Jahre zwei zentrale Handlungsfelder:
- Hochwasserschutz – Schutz vor Überschwemmungen durch Rückhalteflächen, Deiche, mobile Schutzsysteme und vorausschauende Raumplanung.
- Wassermanagement – Aufbereitung, Einsparung und Umverteilung von Wasser, um Trockenperioden abzufedern und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Beide Bereiche erfordern erhebliche Investitionen. Es müssen sowohl Schutzmaßnahmen vor Überschwemmungen und Hochwasser als auch neue Wasserleitungen gebaut werden, die Regionen miteinander verbinden und dort für Versorgungssicherheit sorgen, wo die lokale Wasserversorgung in Zukunft nicht mehr ausreicht.
Neue Wasserleitungen: Vorsorge für die Zukunft
Besonders deutlich wird der Handlungsdruck beim Bau neuer Wasserleitungen. Schon heute diskutieren Versorger und Länder über großräumige Verbindungen, die Wasser aus vergleichsweise wasserreichen Gebieten wie Süddeutschland in trockenere Regionen wie Brandenburg oder Sachsen-Anhalt bringen könnten. Solche Projekte müssen frühzeitig in Planungsprozesse integriert werden, da Trassenführung und Flächensicherung Jahre, wenn nicht Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Dabei geht es nicht allein um die Versorgung von Privathaushalten. Die Landwirtschaft ist in vielen Regionen existenziell auf eine verlässliche Wasserversorgung angewiesen. Sie stellt ihrerseits eine kritische Infrastruktur für die Gesellschaft dar: Ohne Wasser gibt es keine Ernte und ohne Ernte keine Ernährungssicherheit (vgl. Beitrag des Bundesinformationszentrums für Landwirtschaft: Wie Trockenheit der Landwirtschaft schadet: BZL).
Kommunikation wird zur Schlüsselfrage
Aktuell spielt das Thema Wasserschutz und -versorgung in den Medien vor allem rund um Krisenereignisse eine Rolle. Davon abgesehen ist das Bewusstsein für den Wasserwandel und die dafür benötigte Infrastruktur in der breiten Bevölkerung noch nicht angekommen. So benennen auch die Autor:innen einer Studie zum Thema aus dem Jahr 2024 diesen Umstand mit dem Begriff der „Wasserblindheit“ (vgl. Wasserblindheit? So steht Deutschland zum Wasserschutz).
Gebaut werden muss und soll jedoch schon bald, um den Herausforderungen der Folgen des Klimawandels zu begegnen. Das stellt im Rahmen der Planung und des Baues neuer Infrastruktur auch eine kommunikative Herausforderung dar. Um Akzeptanz für den Bau der Infrastruktur zu schaffen, der oft mit Einschnitten für Bürger:innen einhergeht (Baustellen, Umweltbelastungen oder permanente Veränderungen der Landschaft), müssen die Notwendigkeiten und Zusammenhänge erklärt und offengelegt werden, um alle Betroffenen im Planungs- und Bauprozess mitzunehmen.
Industrie unter Druck
Ähnliches wird in Zukunft auch für die Industrie gelten. Viele Produktionsprozesse, von der Lebensmittelherstellung bis zur Halbleiterfertigung, sind stark wasserabhängig. Schon heute wird in Genehmigungsverfahren regelmäßig die Frage gestellt: Woher kommt das Wasser? Wie wird es genutzt? Und wie wird es nach der Produktion wieder aufbereitet?
Diese Fragen sind nicht nur technischer Natur. Mit zunehmender Zuspitzung der Wasserthematik ist absehbar, dass Themen wie Wassermangel und Wasseraufbereitung künftig auch mit wachsender Intensität in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Selbst, wenn die Umweltauflagen erfüllt sind, können Unternehmen damit zukünftig in Erklärungsnot geraten – besonders, wenn die gesellschaftliche Sensibilität für das Thema Wasser weiter wächst. Damit steigt für Planer und Vorhabensträger der Bedarf an transparenter Information und aktivem Austausch mit Stakeholdern, um gut ausgearbeitete Konzepte zur nachhaltigen Wassernutzung offenzulegen und zu erklären.
Städte im Wandel: Planen und entsiegeln
Ein weiterer Baustein der Wasserwende betrifft die Stadtentwicklung. Durch die Entsiegelung von Flächen, die Schaffung von Grünanlagen und die Einrichtung von Rückhalteräumen soll Wasser bei Starkregen aufgenommen und in Trockenperioden verfügbar gemacht werden.
Doch auch hier gilt: Jede Veränderung wirft Fragen auf.
Warum wird entsiegelt? Wo und wie soll entsiegelt werden? Und warum ist das eigentlich notwendig?
Das eröffnet Potenzial für Mitbestimmung, schafft aber gleichzeitig einen hohen Erklärungsbedarf. Bürger:innen wollen mindestens nachvollziehen, idealerweise aber mitentscheiden können, warum Parkplätze verschwinden, Straßen aufgerissen oder Flächen umgestaltet werden. Hier eröffnet eine transparente Kommunikation und Beteiligung die Möglichkeit Hintergründe zu erklären und durch gezielte Mitbestimmung die Unterstützung der Bürger:innen zu gewinnen.
Hochwasserschutz: Wenn es um Menschenleben geht
Zu guter Letzt bleibt noch der Hochwasserschutz. Die Katastrophe im Ahrtal im Jahr 2021 hat uns allen die verheerenden Folgen von fehlender Vorsorge, unzureichenden Frühwarnsystemen und unzureichend geschützten Siedlungsräumen vor Augen geführt. Hierbei geht es nicht um Komfort, sondern um den Schutz von Menschenleben. Auch in anderen Regionen Deutschlands kam es in den letzten Jahren zu schweren Überschwemmungen, die Straßen, Bahnstrecken und ganze Ortschaften lahmlegten. Investitionen in Deiche, mobile Schutzsysteme, Rückhaltebecken und nachhaltige Stadtplanung sind daher keine Option mehr, sondern überlebenswichtig. Doch auch hier gilt: Schutzmaßnahmen können in Landschaften, Grundstücke und Nutzungsrechte eingreifen. Dies muss entsprechend erklärt und vermittelt werden.
Fazit: Wasserinfrastruktur neu denken – und kommunikativ begleiten
Sowohl Dürren als auch Hochwasser zeigen uns, dass wir unsere Wasserinfrastruktur neu aufstellen müssen. Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass Wasser in Zukunft ungleich verteilt sein wird, mal gibt es zu wenig, mal zu viel davon. Das erfordert einen tiefgreifenden technischen Umbau – von Wasserleitungen und Speichern bis hin zu Hochwasserschutzanlagen.
Doch dieser Umbau ist nur die halbe Wahrheit. Ebenso notwendig ist ein Wandel im gesellschaftlichen Verständnis von Wasser als knappe und kostbare Ressource. Diesen Wandel gilt es kommunikativ zu begleiten: durch transparente Information, Einbindung der Betroffenen und eine öffentliche Debatte, die über kurzfristige Einschränkungen hinaus aufzeigt, worum es geht – die Sicherung unserer Lebensgrundlagen für die kommenden Generationen.