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11 | 2021Ingo Seeligmüller

Ingenieure plädieren für breite Partizipation bei großangelegten Innovationsprozessen

<h1>Ingenieure plädieren für breite Partizipation bei großangelegten Innovationsprozessen</h1>

Participation matters! Objektiv gesehen ist die Botschaft nicht neu, obwohl sie in jüngster Zeit kräftig an Bedeutung gewonnen hat. Für uns im NeulandQuartier, gehört ihre Gültigkeit zu unseren tiefen Überzeugungen. Dass der Verband Deutscher Ingenieure (VDI) und der Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik (VDE-IT) das gemeinsame Positionspapier „Die Rolle von Partizipation in der missionsorientierten Innovationspolitik“ kürzlich veröffentlicht haben, in welchem sie diese Überzeugung uneingeschränkt teilen, ist ebenso erfreulich wie ermutigend. Das gilt umso mehr, als dass es sich darin nicht nur um ein oberflächliches Bekenntnis zu einer mittlerweile etablierten Allgemeinposition handelt.

Großangelegte Prozesse müssen breite Öffentlichkeit einbinden 

Die Autoren der Verbände geben klar zu verstehen, dass Partizipation in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche, in denen wir uns zweifelsohne befinden, mitnichten eine clevere PR-Methode zur Vermittlung von solchen Plänen sein darf, die von Politikern, Projektträgern und Investoren in Hinterzimmern geschmiedet wurden. Beteiligung eines großangelegten Wandel darf nicht nur die kurzfristig und unmittelbar Betroffenen betrachten, sondern braucht stattdessen die Unterstützung aller Anspruchsgruppen. Dazu gehören bei großangelegten Innovationsprozessen eben nicht nur die kurzfristig und unmittelbar Betroffenen. Notwendig ist somit auch die Einbindung einer breiten Öffentlichkeit. In diesem Sinne kritisieren die Autoren zurecht die Reduktion auf die noch weitverbreitete Partizipationspraxis auf ein bloßes Akzeptanzproblem als alternativlos deklarierter Lösungen.

Innovationen müssen von Markt & Staat gefördert werden 

Das, was im Positionspapier der VDI/VDE-IT als „missionsorientierte Innovationspolitik“ bezeichnet wird, zielt darauf ab, die Notwendigkeit einer Zusammenführung hochspezialisierter Bereiche aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung zu verdeutlichen. Nur in geordneter Gemeinsamkeit könne eine innovative Systemtransformation gelingen. Das gilt wohl insbesondere für den Bereich der Energieversorgung, die den umweltpolitischen Zielsetzungen sowie den damit verbundenen sozialen Herausforderungen gerecht werden muss. Innovationen sind letztlich mehr als naturwissenschaftliche Erkenntnisse und deren technische Umsetzung. Die gesellschaftliche Dimension von systemischen Innovationen erfordert deshalb neben der „unsichtbaren Hand“ (Adam Smith) des Marktes die Mitwirkung der öffentlichen Hand, der in supervisionäre Weise eine lenkende und Impuls gebende Verantwortung zukommt. Der Staat müsse Triebfeder und Kompass eines zielgerichteten Wandels sein. Man beruft sich dabei auf die Vergangenheit, wo im Fall wirkungsstarker Innovationen meist der Staat seine Finger im Spiel hatte. 

Die Volkswirtschaftsprofessorin und Beraterin der EU, Mariana Mazzucato, räumte 2013 in ihrem Buch „Das Kapital des Staates“ mit der Fehleinschätzung auf, dass allein der privatwirtschaftliche Wettbewerb und die freien Kräfte der Märkte wichtige Basisinnovationen hervorbringen. Eine der schillerndsten Figuren der ökonomischen Analyse und Pionier der Innovationstheorie, Joseph Schumpeter, machte bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf die Verknüpfung staatlicher und privatwirtschaftlicher Aktivitäten aufmerksam. In Mazzucatos aktueller Publikation „Mission Economy. A Moonshot Guide to Changing Capitalism“ zeigt sie die staatlichen Möglichkeiten fördernder und steuernder Aktivitäten und Impulse bei der Verfolgung definierter großer gesellschaftlicher Ziele auf und verweist auf jüngere erprobte Ansätze. 

„Innovations“projekt Klimaschutz mit Partizipation voranbringen 

Um endlich aus der stagnierenden Situation der deutschen Klimapolitik auszubrechen, sollte der Ansatz einer missionsorientierten Innovationspolitik, in der eine entsprechend konzipierte Partizipation ihren festen Platz hat, konsequent verfolgt werden. Die Verbände VDI und VDE-IT liefern einen weiteren Impuls, diesen Weg konsequenter weiterzugehen.